Herrliches Wetter im späten Frühling und das schöne Fläschchen vor mir, lädt dazu ein, im Garten als Motiv vor dem austreibenden Wein zu dienen. Nein, Palomino gedeiht in unseren Breiten nicht...
Ich bin ein wenig hin- und hergerissen. Auf der einen Seite freue ich mich sehr, die neue Sherry Bomb zu probieren und das unter der Prämisse, dass mich noch jede Abfüllung der Famiglia überzeugen konnte. Auf der anderen Seite gibt es aber in der schottischen Speyside eine Distille, mit deren Abfüllungen ich nun gar nicht klar komme. Diese liegt im „Tal des grünen Grases“ und ich habe bei allen Abfüllungen, hin bis zum 21-Jährigen eine (persönliche) Fehlnote. Diese äußert sich auf dem Gaumen in einem Dreiklang von süß-saurem Schwefel. Insofern meide ich die (im Volksmund genannten) Ferkel.
Wie es der Zufall so will, reifte von 1995 bis 2018 ein Speyside Malt in einem First-Fill-Sherry-Cask und wurde anschließend in einem Octave der LFN für rund 15 Monate gefinisht. Wir haben es hier also mit einer der ältesten Abfüllungen der „La Famiglia Nostra“ zu tun. Der Schnaps hat 54,4 % Alkohol in Fassstärke und ist nicht gefärbt und nicht kühlgefiltert. Wer mehr zum Abfüller wissen möchte, kann sich hier umschauen: https://www.glendranostra.rocks/
Und nun wird es spannend!
Farbe:
Dunkler Bernstein
Aroma:
Sehr ausgewogen und zwar beim ersten Verriechen mit Waldhonig, Röstaromen und dunklen Früchten – dazu ein Hauch Minze/Menthol. Nach einigen Minuten des Atmens, lassen sich die oben genannten Grundkomponenten weiter aufschlüsseln. Die Süße des Waldhonigs verlagert sich ein wenig Richtung Karamell und zwar auf dunklem Buttertoast. Die Kräuternote wird intensiver und tritt mal als Zimt und mal als Anis heraus. Alles bestimmend sind aber dunkle Früchte: Brombeere, Kirsche und Pflaume. Wunderschön ist ein weiteres Aroma – und zwar Mandeln mit Milchschokolade. Ohne probiert zu haben, kann ich schon jetzt sagen, dass er sehr komplex ist und man sich sicher noch ganz lange mit den Aromen in der Nase auseinandersetzen kann.
Geschmack:
Schwarzer Pfeffer auf der Zungenspitze – prickelnd und nur mit leichter Schärfe. Weich und Cremig setzt er sich auf den Gaumen. Der Speichelfluss wird ungeheuer angeregt und mit sanfter Gewalt treten tiefe dunkle Früchte auf den Plan. Datteln, Feigen, Sultaninen - das volle Programm. Aber eben nicht oxidiert oder überreif, sondern für mich persönlich, im genau richtigen Reifegrad. Ständiger Begleiter ist süßes Karamell, wenn auch dezent im Hintergrund. Zum Abgang hin, meldet sich das gesetzte Alter zu Wort: Tabak, Leder und feinherbe Schokolade, umrahmt von zarter Walnuss.
Abgang:
Der Abgang ist lang und facettenreich: Süße (hier wieder vom Waldhonig), Schüttelbrot aus Südtirol und Espresso.
Fazit:
Nein, ich hatte nicht die Fehlnote, die mir zuvor Kopfzerbrechen bereitet hat. Ganz im Gegenteil... Ein wundervoll ausbalancierter Tropfen, den man sich für ganz besondere Gelegenheiten vorhalten sollte. Das Fass, besser die Fässer – erschlagen nicht den Grundcharakter und in einer Blindverkostung hätte ich auf einen sehr, sehr alten Aberlour getippt. Was ganz sicher ein großes Kompliment ist. Ottimo Lavoro!
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